Urteil: Gehbehinderung spricht nicht gegen Versorgung mit Blindenführhund

Nach einer Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 21. November 2017 stellt eine Gehbehinderung – beispielsweise bei einer Multiple-Sklerose-Erkrankung – keine generelle Kontraindikation für eine Versorgung mit einem Blindenführhund dar (L 16/1 KR 371/15).

Die Klägerin ist eine 73-jährige, blinde Frau, die aufgrund einer Multiple-Sklerose-Erkrankung auf einen Rollator angewiesen ist. Ihre derzeitige Versorgung mit Blindenlangstock und Rollator verursachte ihr große Schwierigkeiten beim Finden von Eingängen, Briefkästen, Geschäften und bei der Überquerung von Straßen. Daher beantragte sie bei ihrer Krankenkasse einen Blindenführhund, der in Kombination mit dem Rollator einsetzbar ist. Die Krankenkasse lehnte ihren Antrag aus wirtschaftlichen Gründen ab. Aufgrund ihrer schwerwiegenden körperlichen Erkrankungen und ihrer mangelnden Kondition sei sie nicht in der Lage, einen Blindenführhund zu führen und adäquat zu versorgen.

Das Landessozialgericht gab der Klägerin Recht. Für die Versorgung eines Hilfsmittels in Form eines Blindenhundes müsse die medizinische Versorgungsnotwendigkeit im Einzelfall geprüft werden. Nach Gutachten von Ärzten und Hundeführern, sowie nach Gehversuchen der Klägerin auf dem Gerichtsflur, sei ein Langstock im Fall der Klägerin nicht ausreichend nutzbar, da sie zugleich eine Gehhilfe halten musste. Eine Kombination aus Rollator und Führhund hingegen sei für die Klägerin sowohl technisch realisierbar, als auch praktikabel. Zudem seien bei der Klägerin eine ausreichende körperliche Grundkonstitution sowie die Fähigkeit zur Versorgung eines Hundes vorhanden.

Der Senat verurteilte die Krankenkasse daher zur Bewilligung des Blindenhundes und erinnerte sie an ihre Pflicht zur humanen Krankenbehandlung. So sei es nicht akzeptabel, dass die Krankenkasse im Vorfeld der Verhandlung bei der Hundeschule angerufen hatte, um diese von der körperlichen Ungeeignetheit der Klägerin zu überzeugen und die Realisierung des Leistungsanspruches zu behindern.