Urteil: Beweislast für fehlerhafte therapeutische Aufklärung liegt beim Patienten

Das Oberlandesgericht Hamm hat Ende März 2018 entschieden, dass die Beweislast einer fehlerhaften therapeutischen Aufklärung – im Gegensatz zur Beweislast einer Risiko- oder Selbstbestimmungsaufklärung – beim Patienten liegt. Kann ein Patient die fehlerhafte therapeutische Aufklärung nicht beweisen, so kann der Arzt für entstandene Schäden nicht haftbar gemacht werden (Az. 26 U 125/17).

Patient stürzte nach seiner Behandlung und zog sich Fraktur zu

Geklagt hatte ein 54-jähriger Patient aus Breidenbach, der sich im Jahr 2012 in einer Klinik des Hochsauerlandkreises wegen akuter Hüftbeschwerden ambulant behandeln ließ und dort in Lokalanästhesie ein Kortisonpräparat in das linke Hüftgelenk injiziert bekam. Im Anschluss daran klagte er über neurologische Ausfälle im linken Bein. Etwa zwei Stunden später fuhr der Patient nach Hause, ohne sich erneut beim behandelnden Arzt vorgestellt zu haben. Im Anschluss an die Autofahrt stürzte er und zog sich eine Fraktur des linken Außenknöchels zu, die mehrfach operativ behandelt werden musste.

Aussagen von medizinischem Personal und Patient unterschieden sich

Der Patient verklagte den Arzt zunächst vor dem Landgericht Arnsberg und anschließend vor dem Oberlandesgericht Hamm auf Schadensersatz. Bei den Verhandlungen gab er an, dass das medizinische Personal ihn lediglich darauf aufmerksam gemacht hatte, erst nach einer Wartezeit von zwei Stunden nach Hause zu fahren. Mitarbeiter der Praxis gaben hingegen vor Gericht an, sie hätten ihn darauf aufmerksam gemacht, sich nach Ablauf der zweistündigen Wartezeit erneut zur ärztlichen Kontrolle vorzustellen. Auch die ärztliche Dokumentation sah eine ärztliche Kontrolle nach der Wartezeit vor.

Kläger konnte seine Aussage nicht beweisen

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht lehnten die Schmerzensgeldforderung ab. Die ambulante Injektion war indiziert und fachgerecht durchgeführt worden, eine fehlerhafte Behandlung lag daher nicht vor. Auch die Verteilung des injizierten Lokalanästhetikums im Bereich des Oberschenkennervs mit der Folge einer temporären Beeinträchtigung sei nicht ungewöhnlich.  

Im Gegensatz zur Risiko- oder Selbstbestimmungsaufklärung, die bei Verdacht auf eine fehlerhafte Aufklärung durch den Arzt bewiesen werden müsse, handele es sich in diesem Fall um eine rein therapeutische Aufklärung, also eine Aufklärung die erst nach der ärztlichen Behandlung einsetzt und die den Heilerfolg gewährleisten und einen Schaden abwenden soll. Bei Verdacht auf eine unzureichende therapeutische Aufklärung stehe der Patient in der Beweisplicht. Da er diesen Beweis nicht erbringen konnte, fiel das Urteil zu seinen Ungunsten aus. Unabhängig davon könne durch den Patienten ebenfalls nicht nachgewiesen werden, dass sein Sturz, der etwa dreieinhalb Stunden nach der Injektion stattfand, noch auf die Wirkung des verabreichten Präparats zurückzuführen sei.

Der Patient legte im Anschluss an das Urteil eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof ein.