Stellungnahme der DGII zur Warnung der FDA vor Komplikationen mit dem kornealen Raindrop-Inlay

Die amerikanische Gesundheitsbehörde Food and Drug Administration (FDA) hat am 23. Oktober 2018 eine Meldung hinsichtlich Sicherheitsbedenken beim „Raindrop Near Vision Inlay“ veröffentlicht. Bei dem Inlay handelt es sich um ein transparentes Hydrogelscheibchen, das zur Verbesserung der Nahsehfähigkeit bei Presbyopen in die Kornea eingesetzt wird. Die FDA hatte dem Produkt der Firma ReVision Optics (die inzwischen unter der Bezeichnung Medical Optics firmiert) vor zwei Jahren für die Indikation Presbyopie die Zulassung erteilt. Das Inlay wird in das nicht dominante Auge implantiert.

Nachdem eine Ein-Jahresbeobachtung an 52 mit dem Inlay versorgten Augen im Jahr 2014 noch keinen Hinweis auf ein ungünstiges Sicherheitsprofil geliefert hatte (Baily, Kohnen, O'Keefe; JCRS 40: 1341–1348), hat sich jetzt die Ausbildung von Haze mit entsprechenden Sehstörungen als so unerwartet häufig erwiesen, dass sich die FDA zu ihrer Warnung veranlasst sah. In der von der FDA geforderten „post-approval study“ (PAS) mit 150 Patienten wiesen 42% zu beliebigen Zeitpunkten während der Nachbeobachtung Eintrübungen der zentralen Hornhaut auf. Eintrübungen der Hornhaut in ihrer Gesamtheit (also zentral oder peripher oder beides) lagen sogar 75% der Patienten vor. Bei 31 Patienten wurde zur Therapie eine lokale Steroidgabe eingeleitet, bei einigen Patienten sei das Inlay wieder entfernt worden.

Die Deutschsprachige Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, interventionelle und refraktive Chirurgie (DGII) misst der Warnung der FDA große Bedeutung bei. Unter den verschiedenen Konzepten zur chirurgischen Therapie der Presbyopie ist die Technik des kornealen Inlays eine unter verschiedenen Optionen und das Raindrop eines von mehreren Inlays. Keine der Techniken zur Presbyopiekorrektur hat jemals die Anerkennung als Standardverfahren erlangt. Im Falle des Raindrop-Inlays sprechen die vorliegenden, sicher aber nicht vollständigen Daten dafür, dass dieses Inlay in Deutschland eher selten zur operativen Presbyopiekorrektur verwendet wird. Nichtdestotrotz ist die hohe Prävalenz der zu Haze führenden Hornhauteintrübungen, wie sie die PSA darlegt, sehr besorgniserregend.

Die Empfehlungen der DGII im Einzelnen:

- Das Raindrop-Inlay sollte bis auf weiteres nicht mehr implantiert werden und es sollte Patienten, die an einer operativen Presbyopiekorrektur interessiert sind, nicht angeboten werden. Im Beratungsgespräch sollten die anderen Optionen vorgestellt und besprochen werden.

- Patienten, denen das Raindrop-Inlay implantiert wurde, sollten regelmäßig zu Kontrolluntersuchungen einbestellt werden. In der Regel sollten diese spätestens halbjährlich erfolgen. Der Patient muss dabei über die für Haze typische Symptomatik unterrichtet und aufgefordert werden, bei entsprechenden Beschwerden umgehend seinen Augenarzt aufzusuchen.

- Bei der Kontrolle von Patienten mit einem Raindrop-Inlay sollte neben der ophthalmologischen Routine-Untersuchung und einer speziell auf Haze und vergleichbare Symptomatiken (wie die Wahrnehmung von Ringen oder Halos um Lichtquellen) abzielenden Anamneseerhebung die Morphologie der Hornhaut im Mittelpunkt stehen. Geeignete diagnostische Methoden sind die detaillierte Spaltlampenuntersuchung, die Messung der Hornhautdicke, die Hornhauttopographie und beispielsweise das Vorderabschnitts-OCT.

- Liegen bei einem das Inlay tragenden Patienten die beschriebenen Veränderungen und Symptome vor, sollte abhängig vom ophthalmologischen Befund und der subjektiven Schwere der Beeinträchtigung eine Therapie vorgeschlagen werden. Der Standard ist die Applikation steroidhaltigen Augentropfen. Die potentiellen Nebenwirkungen einer solchen Therapie sind deutlich zu machen. Bei fortgeschrittenen Beschwerden oder einem als für die Integrität der Hornhaut bedrohlichen Befund bei den genannten Untersuchungsmaßnahmen ist die Explantation zu empfehlen.

Die DGII ersucht operativ tätige Ophthalmologen, die Raindrop-Inlays implantiert haben, die Fachgesellschaft zu kontaktieren und über ihre Erfahrungen zu berichten. Das „David J. Apple International Laboratory for Ocular Pathology“ in Heidelberg unter Leitung von DGII-Generalsekretär Gerd U. Auffarth ist Anlaufstelle für die Analyse und Dokumentation aller Arten von Auffälligkeiten bei Implantaten. Der Vorstand der DGII empfiehlt, dass alle wegen Trübungen oder sonstigen Gründen explantierten kornealen Inlays an dieses Institut zur Untersuchung gesandt werden – wie es bereits in anderen Konstellationen (IOL-Eintrübungen) geschieht.

Allen Mitgliedern der DGII steht dieser Weg ohne zusätzlich anfallende Kosten offen. Im Falle einer Begutachtung erfolgt dies individuell über das Labor. Die DGII als Verein der Katarakt- und refraktiv-tätigen Chirurgen kann hierzu nur Empfehlungen aussprechen. Eine juristische Unterstützung kann der Verein nicht leisten. Alle Implantate, die an das Labor gesendet werden, werden in einer Datenbank registriert, untersucht und gemeldet (falls noch nicht durch den einsendenden Arzt geschehen). Das Labor versucht die Datenbank mit einem kurz gehaltenen Fragebogen bezüglich der Explantation auf einem hohen wissenschaftlichen Niveau zu halten. Auf dem jährlichen Kongress der DGII werden diese Daten – ähnlich der DGII Umfrageergebnisse – vorgestellt. Weitere Informationen werden in Zukunft auf der DGII Webpage (www.dgii.org) regelmäßig aktualisiert.

Die DGII beabsichtigt eine Mitteilung über die Daten zur Häufigkeit der Anwendung von Raindrop-Inlays zu erstellen sowie Informationen über Komplikationen zu sammeln und auszuwerten.                                    

Die DGII sieht sich als Ansprechpartner für alle Augenärztinnen und Augenärzte, ob konservativ oder chirurgisch tätig. Fragen an die Experten der DGII können entweder über die Website oder den Facebookauftritt der Fachgesellschaft gestellt werden.