Kombination zweier Darmbakterien fördert familiär bedingte adenomatöse Polyposis

Credit: Elizabeth Cook

Nach neuen Studienergebnissen kann die Kombination der verbreiteten Darmbakterien E. coli und B. fragilis die Entwicklung von Darmkrebs fördern: Sie bilden unterhalb der Mukusschicht einen Biofilm und sondern Toxine ab, die die Entwicklung von Neoplasien induzieren [1]. Der Dickdarm von Patienten mit familiär bedingter adenomatöser Polyposis ist aufgrund eines angeborenen Defekts im Gen für den Tumorrepressor APC oftmals bereits im Jugendalter mit Polypen übersäht. Nur eine frühzeitige Kolektomie verhindert, dass sich aus diesen Polypen Karzinome entwickeln und die Patienten an Darmkrebs erkranken.

Wissenschaftler des Kimmel Cancer Centers in Baltimore (USA) stellten bei der Untersuchung von Darmresektaten fest, dass sich unterhalb der Mukusschicht, die ursprünglich die Schleimhautepithelien vor Bakterienbefall schützt, an vielen Stellen ein Bakterienfilm gebildet hat. Überwiegend setzte sich dieser Biofilm aus dem Enterotoxin-bildenden B. fragilis und Colibactin-bildenden E. coli-Stämmen zusammen. Das Team um Cynthia Sears untersuchte daraufhin Mäuse, deren Darm jeweils nur mit B. fragilis oder nur mit den Colibactin-bildenden E. coli-Stämmen infiziert waren und verglichen die Ergebnisse mit den Ergebnissen einer weiteren Gruppe von Mäusen, deren Darm mit beiden Bakterien besiedelt war. Sie fanden heraus, dass die Bakterien einzeln keinen Darmkrebs auslösen, erst die Infektion mit beiden Bakterien führte zu Darmtumoren und dem vorzeitigen Tod der Tiere.

Tumorentwicklung nur in Anwesenheit von Interleukin 17

In weiteren Versuchen konnte nachgewiesen werden, dass in Abwesenheit des körpereigenen Immunzellen-Signalmoleküls Interleukin 17 keine Tumorentwicklung stattfindet: Versuchstiere, die kein Interleukin 17 bilden können, entwickeln auch dann keinen Darmkrebs, wenn ihre Mukusschicht mit einem Biofilm aus B. fragilis und E. coli besiedelt ist [2]. Die Wissenschaftler führen dies darauf zurück, dass das Enterotoxin von B. fragilis nur unter Anwesenheit von Interleukin 17 die Mukusbarriere zerstören kann. Nur dann ist es dem E. coli-Toxin Colibactin möglich, durch die zerstörte Mukusbarriere hindurch an die Darmepithelien zu gelangen und mit der DNA der Darmepithelzellen zu interagieren und Mutationen zu induzieren.

Für die Praxis ergeben sich hierdurch neue Ansätze zur Behandlung der familiär bedingten adenomatösen Polyposis. So kann die Vermeidung der Besiedelung des Darms mit beiden Erregern möglicherweise die Bildung von Darmpolypen verhindern und somit vor Darmkrebs schützen. Möglich wäre hierfür eine lebenslange antibiotische Therapie, deren Nachteile möglicherweise jedoch überwiegen. Denkbar wäre auch eine Behandlung mit einem Interleukin 17-Antagonisten, beispielsweise mit dem Antikörper Secukinumab, der bereits zur Behandlung der Psoriasis zugelassen ist. Beide Behandlungsoptionen müssten jedoch in randomisierten klinischen Studien überprüft werden.

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  1. Dejea CM et al (2018) Patients with familial adenomatous polyposis harbor colonic biofilms containing tumorigenic bacteria. Science, 359: 592–597
  2. Chung L et al (2018) Bacteroides fragilis toxin coordinates a pro-carcinogenic inflammatory cascade via targeting of colonic epithelial cells. Cell Host & Microbe