Ärzte verstehen Statistiken zur Krebsfrüherkennung oftmals nicht

Eine Studie des Harding Zentrums für Risikokompetenz am Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung mit über 400 US-amerikanischen Allgemeinärzten zeigt, dass die Mehrzahl der Ärzte - zumindest in den USA - relevante von irrelevanten und sogar fehlleitenden Informationen über Nutzens und Schadens von Krebsfrüherkennungs-Untersuchungen nicht unterscheiden kann. Obwohl höhere Überlebensraten und eine höhere Anzahl an durch Früherkennung entdeckten Tumoren nicht beweisen, dass die Früherkennung wirklich Leben rettet, werden diese Statistiken häufig verwendet, um für die Untersuchung zu werben. Wie die Autoren der Studie aufdecken, glaubt ein Großteil der befragten Ärzte, dass höhere Überlebensraten und eine gestiegene Inzidenz ein Beweis dafür seien, dass durch die Früherkennung die Krebssterblichkeit gesenkt werden könne. 69 % der befragten Ärzte empfahlen deshalb eine Früherkennung, die mit diesen irrelevanten Daten beworben wurde. Im Gegensatz dazu ließen sich aber nur 23 % der Ärzte von dieser Früherkennung überzeugen, wenn sie mit relevanten Daten, nämlich der meist viel geringer ausfallenden Reduktion der Sterblichkeitsrate, beschrieben wurde. Man stelle sich eine Gruppe von Männern vor, die im Alter von 67 Jahren auf Grund von Symptomen Prostatakrebs diagnostiziert bekommen und drei Jahre später daran sterben. Die Fünfjahres-Überlebensrate beträgt dann 0 %. Nimmt man nun an, diese Männer wären zur Früherkennung gegangen und ihre Krankheit wäre dadurch deutlich früher, beispielsweise bereits mit 60 Jahren, entdeckt worden, und wieder würden alle im Alter von 70 Jahren sterben, so erhöht sich die Fünfjahres-Überlebensrate von 0 auf 100 %. Dies jedoch, ohne dass tatsächlich ein einziges Leben gerettet wird. Über drei Viertel der befragten Ärzte war dieser Zusammenhang jedoch nicht bewusst.

Wegwarth O, Schwartz LM, Woloshin S, Gaissmaier W, Gigerenzer G (2012) Do physicians understand cancer screening statistics? A national survey of primary care physicians in the United States. Ann Intern Med 156: 340–349