Adipositas-Chirurgie in Deutschland zu selten durchgeführt

Wie die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung Anfang April 2018 auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Mannheim verkündet hat, liegt Deutschland bei der Anzahl an adipositaschirurgischen Eingriffen deutlich hinter anderen Ländern wie Österreich, Schweiz, Frankreich und Belgien zurück. So werden in Deutschland derzeit in den etwa 50 zertifizierten Adipositaszentren etwa 10000 dieser Eingriffe durchgeführt, umgerechnet auf die Bevölkerungszahlen sind dies nur etwa 3 bis 10% der Anzahl der Eingriffe, die in vergleichbaren Ländern durchführt werden.

Etwa 1,4 Millionen Menschen haben hierzulande einen Body-Mass-Index von über 40 und leiden oftmals an schweren Begleiterkrankungen wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Diesen Personen kann mittels chirurgischer Verfahren effektiv helfen: Das Übergewicht kann um 60 bis 80% reduziert werden und die Begleiterkrankungen bessern sich deutlich. So kommt es beispielsweise bei etwa 70 bis 80% der stark übergewichtigen insulinpflichtigen Diabetespatienten innerhalb von fünf Jahre nach dem Eingriff zu einer vollständigen Remission und sie kommen ohne Insulin aus.

Ursache für die vergleichsweise seltene Anzahl der Eingriffe sind einerseits eine mangelnde Aufklärung der Patienten – nur etwa ein Fünftel der Betroffenen erkennt den Ernst der Lage und erwägt eine Operation – und andererseits der restriktive Umgang der Krankenkassen mit adipositaschirurgischen Operationen. Diese verweigern oft diese lebensrettende Therapie, obwohl eine operative Behandlung in diesem Stadium in den gültigen Leitlinien klar vorgesehen ist.

 „Aus medizinischer Sicht ist das nicht nachvollziehbar und absolut inakzeptabel: Ein BMI von 40 in Kombination mit einer kardiovaskulären Erkrankung und einem Diabetes reduziert die Lebenserwartung etwa so wie ein Dickdarmkarzinom – das selbstverständlich in jedem Fall und ohne vorherige Prüfung durch die Kassen operiert wird“, so Kongressreferent Prof. Dr. med. Dieter Birk (Bietigkeim-Bissingen). Er fügt hinzu: „Solange dieser inakzeptable Zwang zur Einzelfallgenehmigung besteht, lohnt es sich, gegen abschlägige Entscheidungen vorzugehen. Wie die Praxis zeigt, reicht oft ein einziger Brief eines Anwalts, um die Gremien zum Umdenken zu bewegen. Und wer solche Bescheide vor den zuständigen Sozialgerichten bekämpft, bekommt in neun von zehn Fällen Recht – und damit die Chance auf eine lebensrettende Behandlung.“